Ich war nicht fair. Ich habe im letzten Blog nicht die ganze Wahrheit gesagt und dafür möchte ich mich entschuldigen.
Es gibt 2 Stimmen in mir, nein, in jedem von uns. Es gibt die Hintergrundstimme aus dem letzten Blog: die angebliche Freundin/ der angebliche Freund. Ohne konstruktive Kritik würde sie uns ganz schön viel Zeit rauben mit ihrem Versagensängsten, ihrem Hang zur Vergangenheitsbewältigung und ihrer häufig eingeschränkten Blickrichtung auf das Negative. Sie würde uns viel zu oft Chancen nicht sehen lassen, den Mut nehmen und die Zeit nicht eingestehen, die positive Veränderungen nun mal brauchen.
Zum Glück gibt es auch noch diese zweite Stimme. Manche nennen sie das höhere Selbst, andere fragen "Was würde die Liebe sagen?" und den Satz aus dem kleinen Prinzen "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche bleibt für die Augen unsichtbar." kennt wohl jeder.
Bei Laura Seiler habe ich das 90 jährige Ich kennengelernt.
Mir gefällt der Gedanke mit dieser Stimme als mein 90 jähriges Ich zu reden.
Dazu habe ich einen ganz persönlichen Bezug.
Mein Leben, meine Werte und meine Liebe zum Leben wurden von diesen beiden wundervollen Frauen auf dem Foto geprägt. Als ich jung war, waren sie schon lange alt, aber sie blieben noch viele Jahre an meiner Seite, weil sie beide fast 99 und über hundert Jahre alt wurden.
Einmal sagte die linke von ihnen zu mir: "Ich weiß nicht, ob du für mich am liebsten meine kleine Schwester, meine Freundin oder meine Tochter wärest."
Es zerriss mir fast das Herz vor Glück, denn sie waren mein größtes Vorbild, meine Schutzengel und meine immer sichere Höhle, in der ich mich zurückziehen konnte.
Nun nutze ich dieses Bild der weisen alten Frau, mein 90 jähriges Ich, denke an ihre immer aufrichtige Unterstützung, ihre Ehrlichkeit und ihre bedingungslose Liebe, wenn ich vor schwierigen Fragen stehe, emotionale Tiefen durchlebe oder das Selbstvertrauen verliere, wenn es einfach nicht zu gehen scheint.
Mein 90 jähriges Ich hat mein Leben schon gelebt, sie hat beharrlich an meinem Lebenstraum gearbeitet. Sie hat alles gefühlt, was ich fühle, aber sie hat bei manchem die Erfahrung gemacht, dass jedes auch noch so schlimme Gefühl vorüber geht und nach dem Regen die Sonne wieder scheint. Sie hat sich viele Male wieder aufgerappelt und sich nicht unterkriegen lassen.
Sie hat 90 Jahren Leben gelebt, mit all dem, was bei jedem von uns dazugehört: Liebe, Wut, Trauer, Angst, Sehnsucht, Unsicherheit und PURES GLÜCK.
Sie kann im Rückblick mit Gelassenheit auf meine Fehlversuche blicken, meine Entscheidungen beobachten und sagen, welche mich mehr und welche mich weniger vorangebracht haben.
Sie weiß, dass ich manchmal mit dem Kopf durch die Wand will und in Konflikten manchmal zu stolz bin, um einen Schritt zur Seite zu treten, um den Weg für einen neue Lösung freizumachen.
Meine 90 jähriges, kluges Ich kennt mich, sie weiß, dass meine Wut meine Antriebskraft sein kann, wenn ich sie sinnvoll nutze, dass die Traurigkeit in mir mich emphatisch macht und meine aussergewöhnlichen Tanten mir den Wunsch mitgegeben haben, immer denen zu helfen, die gerade nicht den Mut haben, den nächsten Schritt zu gehen.
Viel wichtiger aber ist, dass sie weiß, was für mich die jeweils richtige Entscheidung ist, die mich auf meinem Weg zu mir selber weiterbringt. Denn sie ist meine beste Version von mir selbst.
Jeder von uns hat seinen Mittelpunkt, in dem all seine liebende Kraft, seine grundehrlichen Träume und seine ganz individuelle Antriebsenergie liegen. Die Macht dieser drei im Mittelpunkt machen unsere unerfüllten Bedürfnisse und unsere traurigen Erinnerungen aus der Kindheit zu blassen Fotografien.
In diesem Mittelpunkt liegt das, was das Leben Schöneres und Höheres für uns bereithält.
Und keiner kennt diesen Ort so gut wie unser höheres Selbst oder in meinem Fall mein 90 jähriges Ich.
Ich treffe sie in der Stille, in meinen ruhigen Momenten.
:o))) JA, die habe ich auch! An alle, die mich persönlich kennen. I
In der Meditation suche ich die Ruhe und begegne ihr an meinem Wohlfühlort, irgendwo am Waldrand in der Nähe von Ottensen, hinter der Reithalle am Klöterbusch, wo meine Tanten mich zum Voltigieren immer hingebracht haben.
Was ist deine beste Version von dir selbst und wie begegnest du ihr im Alltag mit Offenheit?
Schreib mir gerne, wenn du Lust hast.